§ 29 StVG

Tilgung der Eintragungen

 


In Kraft getreten am 28.07.2021


(1) 1Die im Register gespeicherten Eintragungen werden nach Ablauf der in Satz 2 bestimmten Fristen getilgt. 2Die Tilgungsfristen betragen

1. zwei Jahre und sechs Monate

bei Entscheidungen über eine Ordnungswidrigkeit,

a) die in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b § 6 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe s Doppelbuchstabe bb Dreifachbuchstabe bbb als verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeit mit einem Punkt bewertet ist oder

b) soweit weder ein Fall des Buchstaben a noch der Nummer 2
Buchstabe b vorliegt und in der Entscheidung ein Fahrverbot angeordnet worden ist,

2. fünf Jahre

a) bei Entscheidungen über eine Straftat, vorbehaltlich der Nummer 3 Buchstabe a,

b) bei Entscheidungen über eine Ordnungswidrigkeit, die in der Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b § 6 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe s Doppelbuchstabe bb Dreifachbuchstabe aaa als besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeit mit zwei Punkten bewertet ist,

c) bei von der nach Landesrecht zuständigen Behörde verhängten Verboten oder Beschränkungen, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen,

d) bei Mitteilungen über die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar, einem Aufbauseminar, einem besonderen Aufbauseminar oder einer verkehrspsychologischen Beratung,

3. zehn Jahre

a) bei Entscheidungen über eine Straftat, in denen die Fahrerlaubnis entzogen oder eine isolierte Sperre angeordnet worden ist,

b) bei Entscheidungen über Maßnahmen oder Verzichte nach § 28 Absatz 3 Nummer 5 bis 8.

3Eintragungen über Maßnahmen der nach Landesrecht zuständigen Behörde nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 und § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 und 2 werden getilgt, wenn dem Inhaber einer Fahrerlaubnis die Fahrerlaubnis entzogen wird. 4Sonst erfolgt eine Tilgung bei den Maßnahmen nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 ein Jahr nach Ablauf der Probezeit und bei Maßnahmen nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 und 2 dann, wenn die letzte Eintragung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit getilgt ist.

5Verkürzungen der Tilgungsfristen nach Absatz 1 können durch Rechtsverordnung gemäß § 30c Abs. 1 Nr. 2 zugelassen werden, wenn die eingetragene Entscheidung auf körperlichen oder geistigen Mängeln oder fehlender Befähigung beruht.

(2) Die Tilgungsfristen gelten nicht, wenn die Erteilung einer Fahrerlaubnis oder die Erteilung des Rechts, von einer ausländischen Fahrerlaubnis wieder Gebrauch zu machen, für immer untersagt ist.

(3) Ohne Rücksicht auf den Lauf der Fristen nach Absatz 1 und das Tilgungsverbot nach Absatz 2 werden getilgt

1. Eintragungen über Entscheidungen, wenn ihre Tilgung im Bundeszentralregister angeordnet oder wenn die Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren oder nach den §§ 86, 102 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten rechtskräftig aufgehoben wird,

2. Eintragungen, die in das Bundeszentralregister nicht aufzunehmen sind, wenn ihre Tilgung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde angeordnet wird, wobei die Anordnung nur ergehen darf, wenn dies zur Vermeidung ungerechtfertigter Härten erforderlich ist und öffentliche Interessen nicht gefährdet werden,

3. Eintragungen, bei denen die zugrundeliegende Entscheidung aufgehoben wird oder bei denen nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 30c Abs. 1 Nr. 2 eine Änderung der zugrundeliegenden Entscheidung Anlass gibt,

4. sämtliche Eintragungen, wenn eine amtliche Mitteilung über den Tod der betroffenen Person eingeht.

(4) Die Tilgungsfrist (Absatz 1) beginnt

1. bei strafgerichtlichen Verurteilungen und bei Strafbefehlen mit dem Tag der Rechtskraft, wobei dieser Tag auch dann maßgebend bleibt, wenn eine Gesamtstrafe oder eine einheitliche Jugendstrafe gebildet oder nach § 30 Abs. 1 des Jugendgerichtsgesetzes auf Jugendstrafe erkannt wird oder eine Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren ergeht, die eine registerpflichtige Verurteilung enthält,

2. bei Entscheidungen der Gerichte nach den §§ 59, 60 des Strafgesetzbuchs und § 27 des Jugendgerichtsgesetzes mit dem Tag der Rechtskraft,

3. bei gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Bußgeldentscheidungen sowie bei anderen Verwaltungsentscheidungen mit dem Tag der Rechtskraft oder Unanfechtbarkeit der beschwerenden Entscheidung,

4. bei Aufbauseminaren nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, verkehrspsychologischen Beratungen nach § 2a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Fahreignungsseminaren nach § 4 Absatz 7 mit dem Tag der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung.

(5) 1Bei der Versagung oder Entziehung der Fahrerlaubnis wegen mangelnder Eignung, der Anordnung einer Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs oder bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis beginnt die Tilgungsfrist erst mit der Erteilung oder Neuerteilung der Fahrerlaubnis, spätestens jedoch fünf Jahre nach der Rechtskraft der beschwerenden Entscheidung oder dem Tag des Zugangs der Verzichtserklärung bei der zuständigen Behörde. 2Bei von der nach Landesrecht zuständigen Behörde verhängten Verboten oder Beschränkungen, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen, beginnt die Tilgungsfrist fünf Jahre nach Ablauf oder Aufhebung des Verbots oder der Beschränkung.

(6) 1Nach Eintritt der Tilgungsreife wird eine Eintragung vorbehaltlich der Sätze 2 und 4 gelöscht. 2Eine Eintragung nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c wird nach Eintritt der Tilgungsreife erst nach einer Überliegefrist von einem Jahr gelöscht.

3Während dieser Überliegefrist darf der Inhalt dieser Eintragung nur noch zu folgenden Zwecken übermittelt, verwendet oder über ihn eine Auskunft erteilt werden:

1. zur Übermittlung an die nach Landesrecht zuständige Behörde zur dortigen Verwendung zur Anordnung von Maßnahmen im Rahmen der Fahrerlaubnis auf Probe nach
§ 2a,

2. zur Übermittlung an die nach Landesrecht zuständige Behörde zur dortigen Verwendung zum Ergreifen von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Absatz 5,

3. zur Auskunftserteilung an die betroffene Person nach § 30 Absatz 8,

4. zur Verwendung für die Durchführung anderer als der in den Nummern 1 oder 2 genannten Verfahren zur Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis, wenn die Tat als Grundlage in einer noch gespeicherten Maßnahme nach § 28 Absatz 3 Nummer 5, 6 oder 8 genannt ist.

4Die Löschung einer Eintragung nach § 28 Absatz 3 Nummer 3 Buchstabe a oder c unterbleibt in jedem Fall so lange, wie die betroffene Person im Zentralen Fahrerlaubnisregister als Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe gespeichert ist; während dieser Zeit gilt Satz 3 Nummer 1, 3 und 4 nach Ablauf der Überliegefrist entsprechend.

(7) 1Ist eine Eintragung im Fahreignungsregister gelöscht, dürfen die Tat und die Entscheidung der betroffenen Person für die Zwecke des § 28 Absatz 2 nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden.

2Abweichend von Satz 1 darf eine Tat und die hierauf bezogene Entscheidung trotz
ihrer Löschung aus dem Fahreignungsregister für die Durchführung anderer als der in
Absatz 6 Satz 3 Nummer 4 genannten Verfahren zur Erteilung oder Entziehung einer
Fahrerlaubnis verwendet werden, solange die Tat als Grundlage in einer noch gespeicherten Maßnahme nach § 28 Absatz 3 Nummer 5, 6 oder 8 genannt ist.

3Unterliegt eine Eintragung im Fahreignungsregister über eine gerichtliche Entscheidung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe a einer zehnjährigen Tilgungsfrist, darf sie nach Ablauf eines Zeitraums, der einer fünfjährigen Tilgungsfrist nach den vorstehenden Vorschriften entspricht, nur noch für folgende Zwecke an die nach Landesrecht zuständige Behörde übermittelt und dort verwendet werden:

1. zur Durchführung von Verfahren, die eine Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand haben,

2. zum Ergreifen von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Absatz 5.

4Außerdem dürfen für die Prüfung der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen Entscheidungen der Gerichte nach den §§ 69 bis 69b des Strafgesetzbuches an die nach Landesrecht zuständige Behörde übermittelt und dort verwendet werden.

5Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für Eintragungen wegen strafgerichtlicher Entscheidungen, die für die Ahndung von Straftaten herangezogen werden. 6Insoweit gelten die Regelungen des Bundeszentralregistergesetzes.

 


     
Änderungen:

Drucksache 19/28684 vom 19.04.2021

Zu Artikel 1 Nummer 19 (§ 29 StVG)

Absatz 1 Satz 2 enthält Verweise auf § 6 StVG, die als notwendige rechtssystematische Folgeänderungen zu Artikel 1 Nummer 6 dieses Gesetzes an die vollständige Neufassung des § 6 StVG angepasst werden müssen.
Die Klarstellungen in Absatz 6 und 7 dienen der Gewährleistung einer fundierten Beurteilung der Wiederherstellung der Kraftfahreignung, einschließlich im Rahmen einer medizinisch-psychologischen Untersuchung. Nach einem erfolgten Entzug der Fahrerlaubnis wegen Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften ist es notwendig, im Rahmen eines Neuerteilungs- oder erneuten Entziehungsverfahrens die Gründe, die zum Entzug der Fahrerlaubnis geführt hatten, zu berücksichtigen. Nur so kann die Überprüfung der Kraftfahreignung im Hinblick auf
das vorangegangene jeweilige verkehrsgefährdende Verhalten, das den einzelnen Verstößen zugrunde liegt, wirksam vorgenommen werden.
§ 29 Absatz 6 StVG enthält ein eingeschränktes Verwendungsverbot, § 29 Absatz 7 StVG enthält ein strenges Verwertungsverbot, wonach aus dem Register gelöschte Taten und Entscheidungen nicht mehr zum Nachteil des Betroffenen für Zwecke des § 28 Absatz 2 StVG verwertet werden dürfen. Dieses Verwertungsverbot gilt unabhängig davon, woher die aktuelle Kenntnis über die Verstöße rührt, ob sie also auf einer vergangenen Auskunft
aus dem Register oder auf Fachakten der Behörde beruht. In der Praxis sind bei der Auslegung Zweifel aufgetreten, ob diese Verbote auch die Verwendung von Taten im Zusammenhang mit einem Entziehungsbescheid umfassen, dessen Grundlage die Taten bilden und in dessen Begründung sie genannt und damit der Behörde weiterhin
zugänglich sind.
Die hier nun vorgenommene gesetzliche Klarstellung dient der Vermeidung fachlich unerwünschter Ergebnisse:
Die einer Entziehungs- oder Versagungsentscheidung zugrunde liegenden Verstöße sollen Basis einer folgenden (Wieder-)Erteilungsentscheidung sein können, solange die Entziehungs- oder Versagungsentscheidung selbst im Register gespeichert ist. Sie wird erst nach 10 Jahren nach § 29 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe b StVG gelöscht.
In § 29 Absatz 6 und 7 StVG sind bisher Durchbrechungen der Verwendungsverbote geregelt. Die Einfügung von Absatz 6 Satz 3 sollen besser als bisher klarstellen, dass eine Tat, die zur Entziehung der Fahrerlaubnis geführt hat, trotz Ablaufes der Tilgungsfrist
(d. h. in der Überliegefrist) verwendet werden kann. Die Einfügung von Absatz 7 Satz 2 soll die Verwendung auch trotz Löschung (d. h. nach Ablauf der Überliegefrist) für die Fahreignungsbeurteilung in einem Verfahren zur (Wieder-)Erteilung einer Fahrerlaubnis sicherstellen. Für beide Ausnahmen ist allerdings vorausgesetzt, dass die Tat in der Entziehungs- oder Versagungsentscheidung genannt ist und diese Entscheidung noch gespeichert ist und daher ihrerseits (mit ihren Gründen) noch verwertet werden darf.
Es geht dabei um die Verwertung von Kenntnissen über Verstöße, die im Entziehungs-bescheid oder in den Urteilsgründen vorgehalten werden, da die Verstöße als eigener Eintrag aus dem Register insbesondere nach Löschung gar nicht mehr hervorgehen.

 

Anmerkungen:

 

 

 

Urteile: