§ 4 StVG

Fahreignungs-Bewertungssystem

 

In Kraft getreten am 05.12.2014


(1)
1Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. 2Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz

1. von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder
2. zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter

dienen.

3Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Absatz 1 oder einer auf Grund § 6 Absatz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung ergibt. 4Das Fahreignungs-Bewertungssystem und die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe sind nebeneinander anzuwenden.

(2) 1Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe s bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. 2Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:

1. Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten,

2. Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und

3. verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.

3Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. 4Soweit in Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt.

(3) 1Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. 2Diese Punkte werden gelöscht.3Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn

1. die Fahrerlaubnis entzogen,

2. eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder

3. auf die Fahrerlaubnis verzichtet worden ist und die Fahrerlaubnis danach neu erteilt wird.

4Die Sätze 1 und 2 gelten nicht bei

1. Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3,

2. Verlängerung einer Fahrerlaubnis,

3. Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis,

4. Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder

5. vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.

(4) 1Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.

(5) 1Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:

1. Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen;

2. ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen;

3. ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.

2Die Ermahnung nach Satz 1 Nummer 1 und die Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 enthalten daneben den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern; im Fall der Verwarnung erfolgt zusätzlich der Hinweis, dass hierfür kein Punktabzug gewährt wird. 3In der Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 ist darüber zu unterrichten, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird. 4Die nach Landesrecht zuständige Behörde ist bei den Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. 5Sie hat für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat.

6Bei der Berechnung des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen

1. unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind,

2. nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.

7Spätere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt.

(6) 1Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach
Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils
davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen
worden ist.
2Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen.

3Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen

1. Ermahnung auf fünf Punkte,
2. Verwarnung auf sieben Punkte,

wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder
Punktabzüge niedriger ist.

4Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand.

5Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3
und 4 ergebende Punktestand zu Grunde gelegt.

(7) 1Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. 2Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. 3Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.

(8) 1Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln.

2Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach

1. § 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches,

2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder

3. den §§ 24a oder 24c

ergangen ist, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln.

(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) 1Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. 2Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. 3Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4.

4In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.


Recht-
sprechung

Berechnungs-
formular

 

     
Änderungen:

Begründung der aktuellen Änderungen (BT-Drs. 18/2775):

Zu § 4 Absatz 4 und 10 StVG
Die Zitierung der im Fahreignungs-Bewertungssystem maßgeblichen Eintragungen über Ordnungswidrigkeiten im Fahreignungsregister soll an mehreren Stellen klargestellt werden, um Auslegungszweifeln vorzubeugen:
Im System der Fahrerlaubnis auf Probe sollen nach der Gesetzesbegründung in Bundesratsdrucksache 799/12,S. 68 f auch nach der Reform des Punktsystems nur diejenigen Zuwiderhandlungen Grundlage für Maßnahmen sein, die auch im Fahreignungs-Bewertungssystem zu Punkten und Maßnahmen führen. Dies sind bei den Ordnungswidrigkeiten diejenigen nach § 28 Absatz 3 Nummer 3 Buchstabe a oder c StVG. Denn nur sie sind in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe s StVG bezeichnet, wie § 4 Absatz 2 Satz 1 StVG statuiert. Daher sollen die Verweise in § 2a Absatz 2 Satz 1 und § 4 Absatz 4 StVG entsprechend präzisiert werden.
Entsprechend soll der Verweis in § 4 Absatz 10 Satz 2 StVG präzisiert werden:
Die für die Sperrfrist bei einem Fahrerlaubnisverzicht maßgeblichen Eintragungen sind nach der Gesetzesbegründung in Bundesratsdrucksache 799/12, S. 82 nur die Entscheidungen, die nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem mit Punkten bewertet werden („mindestens zwei Entscheidungen, also mindestens zwei Punkte, im Fahreignungsregister gespeichert waren“).
Ebenso soll auch der Verweis in § 29 Absatz 6 Satz 2 und 4 StVG klargestellt werden:
Die Überliegefrist wird nach der Gesetzesbegründung in Bundesratsdrucksache 799/12, S. 92 nur auf Eintragungen über Straftaten und Ordnungswidrigkeiten angewendet, die für das Fahreignungs-Bewertungssystem und dessen Maßnahmen relevant sind.


Zu § 4 Absatz 3
Grundsätzlich erlöschen eingetragene Punkte bei einer Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach § 4 Absatz 3 Satz 1 bis 3 StVG, weil der Neuerteilung eine Eignungsüberprüfung vorausgeht und zu dem Ergebnis der vorhandenen Eignung geführt hat. In § 4 Absatz 3 Satz 4 StVG werden hiervon Ausnahmen gemacht. Nach der Gesetzesbegründung in BT-Drucksache 17/13452, S. 7 dient § 4 Absatz 3 Satz 4 der Weiterführung des Punktestandes, wenn im Verfahren zur Fahrerlaubniserteilung keine vollständige Eignungsprüfung stattgefunden hat. Mit Anfügung der neuen Nummern 4 und 5 werden weitere Ausnahmen ausdrücklich formuliert. Es handelt sich hier ebenfalls um Fälle, in denen die Fahrerlaubnis ohne vorherige umfassende Eignungsüberprüfung erteilt wird, da bereits eine Fahrerlaubnis vorhanden ist, die als solche nicht in Frage steht. Nummer 4 umfasst die Erweiterung der Fahrerlaubnis auf weitere Klassen. Nummer 5 umfasst die Fälle der vereinfachten Erteilung nach den §§ 27, 30, 31 FeV bei Dienstfahrerlaubnissen und ausländischen Fahrerlaubnissen.


Zu § 4 Absatz 5 und 6
Die Regelung sieht Klarstellungen zur Punkteberechnung vor. Die ab 1.Mai 2014 geltende Regelung des § 4 Absatz 6 StVG war aus dem vorangehenden Text aus § 4 Absatz 7 StVG in der bis zum 30. April 2014 geltenden Fassung entwickelt worden. Unter dieser ursprünglichen Fassung waren verschiedene Auslegungen verfolgt und entsprechend unterschiedliche Verfahrensweisen praktiziert worden. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 25. September 2008 (Az. 3 C 3/07) hierzu am Rande Ausführungen getätigt, um das Tattagsprinzip zu begründen. Es hat dabei dem Stufensystem eine „Warnfunktion“ beigemessen und konstatiert, dass die Maßnahmen den Fahrerlaubnisinhaber „möglichst frühzeitig und insbesondere noch vor dem Eintritt in die nächste Stufe erreichen“ sollten, damit ihm die „Möglichkeit der Verhaltensänderung“ effektiv zuteilwird. Anderenfalls hätte er „die weiteren Verkehrsverstöße, vor deren Begehung er eigentlich erst gewarnt werden soll, bereits begangen.“

Von diesen Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts zum ursprünglichen System wollte sich der Gesetzgeber für das ab 1. Mai 2014 geltende neue System mit den Erwägungen zur Punkteentstehung und zum Tattagsprinzip bewusst absetzen (Bundesratsdrucksache 799/12, S. 72).

Um den Systemwechsel deutlicher zu fassen und deutlicher zu machen, dass die bisherige zum Punktsystem ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht auf die Punkteberechnung im neuen System in diesem Detail erstreckt werden soll, wird nunmehr die vorliegende Klarstellung vorgenommen. Es kommt nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem demnach nicht darauf an, dass eine Maßnahme den Betroffenen vor der Begehung weiterer Verstöße erreicht und ihm die Möglichkeit zur Verhaltensänderung einräumt, bevor es zu weiteren Maßnahmen kommen darf. Denn das neue System kennt keine verpflichtende Seminarteilnahme und versteht den Erziehungsgedanken damit auch nicht so, dass jede einzelne Maßnahme den Fahrerlaubnis-Inhaber individuell ansprechen können muss in dem Sinne, dass nur sie die Verhaltensbeeinflussung bewirken kann. Die Erziehungswirkung liegt vielmehr dem Gesamtsystem als solchem zu Grunde, während die Stufen in erster Linie der Information des Betroffenen dienen. Die Maßnahmen stellen somit lediglich eine Information über den Stand im System dar.

Unter Verkehrssicherheitsgesichtspunkten und für das Ziel, die Allgemeinheit vor ungeeigneten Fahrern zu schützen, kommt es vielmehr auf die Effektivität des Fahreignungs-Bewertungssystems an. Hat der Betroffene sich durch eine entsprechende Anhäufung von Verkehrsverstößen als ungeeignet erwiesen, ist er vom Verkehr auszuschließen.

Der Hinweis auf eine in bestimmten Konstellationen ausbleibende Chance, sein Verhalten so zu bessern, dass es zu keinen weiteren Maßnahmen kommt, kann in Abwägung mit dem Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit kein Argument dafür sein, über bestimmte Verkehrsverstöße hinwegzusehen und sie dadurch bei der Beurteilung der Fahreignung auszublenden. Denn es geht in solchen Fällen teilweise sogar um Konstellationen, in denen in kurzer Zeit wiederholt und schwer gegen Verkehrsregeln verstoßen wurde, was ein besonderes Risiko für die Verkehrssicherheit bedeutet.
Mit Absatz 5 Satz 6 Nummer 1 soll verdeutlich werden, dass Verkehrsverstöße auch dann mit Punkten zu bewerten sind, wenn sie vor der Einleitung einer Maßnahme des Fahreignungs-Bewertungssystems begangen worden sind, bei dieser Maßnahme aber noch nicht verwertet werden konnten, etwa weil deren Ahndung erst später Rechtskraft erlangt hat oder sie erst später im Fahreignungsregister eingetragen worden oder der Behörde zur Kenntnis gelangt sind. Absatz 5 Satz 6 Nummer 2 enthält den bisherigen, unveränderten Regelungsgehalt des bisherigen Absatzes 5 Satz 6.

Absatz 6 soll mit seiner Ausnahme vom Tattagsprinzip eindeutiger gefasst werden. Absatz 6 Satz 1 formuliert den Grundsatz des stufenweisen Ergreifens der Maßnahmen klarer. Insbesondere wird die Regelung deutlicher auf die Befugnis der Behörde bei der Maßnahmeergreifung konzentriert und klarer vom Entstehen der Punkte getrennt. Zwar gilt für die Punkteentstehung das Tattagsprinzip. Für das Ergreifen von Maßnahmen hat das Tattagsprinzip aber keine Relevanz, denn Maßnahmen können erst nach Rechtskraft (und Registrierung) der Entscheidung über die Tat und damit deutlich später an die Tat geknüpft werden. Die Prüfung der Behörde, ob die Maßnahme der vorangehenden Stufe bereits ergriffen worden ist, ist daher vom Kenntnisstand der Behörde bei der Bearbeitung zu beurteilen und beeinflusst das Entstehen von Punkten nicht. Absatz 6 Satz 2 enthält die Anweisung, die zunächst vorgesehene, aber noch nicht erteilte Maßnahmenstufe dann noch zu ergreifen, wenn der Punktestand bereits die darauf folgende Maßnahmenstufe erreicht hat. Eine Punktereduzierung in Satz 3 ist nur Folge dieser Maßnahmenergreifung und kein Selbstzweck. So spricht auch die Gesetzesbegründung in BR-Drucksache 799/12, S. 79 f von „für den praktischen Vollzug dieses Grundsatzes erforderlichen Anweisungen für die Punktereduzierungen ... Ohne diese Anweisung der Punktereduzierung wäre das Verfahren weniger übersichtlich, weil dann Punktestand und Maßnahmenstufe auseinander fallen würden.“ Die Punktereduzierung wirkt ab dem Ausstellungsdatum des Hinweises über den Stand des Betroffenen im Fahreignungs-Bewertungssystem. Sollte sich der Punktestand mittlerweile durch Tilgungen oder Punktabzüge bereits auf die in Absatz 6 Satz 3 genannten Punktestände oder darunter reduziert haben, findet keine weitere Reduzierung statt. Dies führt konsequent den Zweck der Punktereduzierung fort, Punktestand und Maßnahme nicht auseinanderfallen zu lassen:
Ist kein Auseinanderfallen gegeben, muss auch keine Reduzierung erfolgen. Absatz 6 Satz 4 regelt den Fall, dass vor einer Maßnahme nach Absatz 6 Satz 2 nebst Reduzierung nach Absatz 6 Satz 3 bereits eine weitere Tat begangen worden, zum Zeitpunkt der Reduzierung aber der Behörde noch nicht bekannt war. Die Formulierung „Kenntnis erhält“ ist dabei § 48 Absatz 4 VwVfG entlehnt. Absatz 6 Satz 4 macht die weitere Verwertbarkeit solcher Taten trotz zwischenzeitlicher Reduzierung deutlich. Eine solche Tat erhöht rückblickend, wenn sie bekannt geworden ist, den Punktestand nach dem Tattagsprinzip ab ihrem Tattag (vgl. Absatz 5 Satz 6 Nummer 1). Absatz 6 Satz 4 legt nun fest, dass die Punkte für diese Tat mangels Bekanntheit nicht von der Reduzierung erfasst werden, sondern vielmehr das Ergebnis der Reduzierung nach Absatz 6 Satz 3 erhöhen. Absatz 6 Satz 5 enthält nach wie vor die Regelung für nach der Reduzierung nach Absatz 6 Satz 3 folgende anderweitige Reduzierungen. Die Regelung wird redaktionell auf Absatz 6 Satz 3 und 4 bezogen und auf jegliche weitere Reduzierungen erstreckt, d. h. neben Tilgungen auch auf Punktabzüge.

 

Anmerkungen:

 


 

Urteile: